Mittwoch, 22. Mai 2019
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Wie schön liest sich dieser Satz1 – beinhaltet er doch das, was man sich heute im Rahmen einer multimedikamentösen Therapie wünscht: Der aufgeklärte Patient liest (und versteht vielleicht?) die Packungsbeilage, Arzt und Apotheker geben abgestimmt Auskunft und alle drei zusammen tragen dazu bei, dass die Therapiesicherheit gewährleistet ist. Diese als Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) bekannte Vorgehensweise ist wichtig für die Patientensicherheit und kann nur durch interprofessionelle Zusammenarbeit optimal geleistet werden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von interprofessioneller Zusammenarbeit, wenn unterschiedliche Berufsgruppen im Gesundheitssystem zusammenarbeiten mit Patienten, Familien und pflegenden Angehörigen sowie Gemeinden mit dem gemeinsamen Ziel, die beste Qualität der Versorgung für Patienten zu erreichen. Diese Menschen nennt die WHO „Health Worker", also Menschen, die für die Gesundheit arbeiten – unabhängig davon, ob sie den Ärzten, Apothekern, Pflegefachleuten, Psychologen, Physiotherapeuten, Altenpflegern, oder einer anderen Profession angehören. Wichtig ist, dass es den Fachkräften gelingt, gemeinsam eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Patienten zu erreichen. Wie weit sind wir heute von diesem Ziel entfernt? Experten setzen auf interprofessionelle Programme bereits in der Ausbildung der Studierenden, um die Zusammenarbeit der Professionen nachhaltig zu unterstützen2. Einige Fachgesellschaften gibt es bereits, auch in Deutschland3, die die interprofessionelle Zusammenarbeit institutionalisieren und die sich weltweit in der „All Together Better Health" Kampagne zusammengefunden haben.
Hier sind ein paar Fakten, die die Notwendigkeit einer interprofessionellen Zusammenarbeit aufzeigen:
Laut WHO nehmen ungefähr die Hälfte aller Patienten, die eine chronische Erkrankung haben, ihre Arzneimittel nicht oder nicht richtig ein. Schädliche Nebenwirkungen von Arzneimitteln können nur minimiert werden, wenn Arzneimittel korrekt verordnet und eingenommen werden. Zusätzliche Unterstützung ist daher notwendig.
Für die Verbesserung der AMTS sind insbesondere zwei Berufsgruppen maßgeblich, die den Patienten betreuen und die ihn noch besser verstehen sollten: Ärzte, die die Therapie einleiten und Apotheker, die Patienten bei der Implementierung unterstützen. Präventive Maßnahmen sowie leitliniengerechte Verordnung von Arzneimitteln unter Berücksichtigung der Patientenpräferenz sind Kernelemente der ärztlichen Tätigkeiten, während das Medikationsmanagement aller verordneten und Selbstmedikations-Arzneimittel und Adhärenz-unterstützende Maßnahmen zu den Kernaufgaben des Apothekers gehört.
Die oben genannten Zahlen machen deutlich, dass hier großer Handlungsbedarf besteht. Optimale AMTS kann nur erreicht werden, wenn Ärzte, Apotheker und Patienten strukturiert auf dieses Ziel gemeinsam hinarbeiten. Eines ist klar: Ohne Kommunikation gibt es keine Kooperation! Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich zwar beide Berufsgruppen - Ärzte und Apotheker - qualifizierte Kollegen wünschen, mit denen sie auf Augenhöhe kommunizieren können5, um eine patientenzentrierte Therapie interprofessionell gestalten zu können. Allerdings wissen sie noch wenig über die Arbeit des jeweils anderen und es erscheint notwendig, ein strukturiertes Konzept für die interprofessionelle Kommunikation zu entwickeln6.
Adhärenzförderung bedeutet, dass die Kommunikation einheitlich ist und es dem Patienten so leicht wie irgend möglich gemacht wird, seine Arzneimitteltherapie durchzuführen. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei den drei Phasen der Therapietreue dienen7, nämlich dem korrekten Therapiebeginn, der vollumfänglichen Umsetzung im Alltag und einem eventuell vorzeitigen Therapieabbruch. Dazu gehört auch die Nachhaltigkeit der Unterstützung im Laufe des Patientenlebens8.
In einem dreimonatigen Pilotprojekt mit 15 deutschen Apothekern wurden die Teilnehmer zu Beginn und am Ende zu ihrer pharmazeutischen Beratung befragt. Umgang mit Adhärenz im pharmazeutischen Alltag und zur Kommunikation mit Patienten und Ärzten sowie eine Selbsteinschätzung der Apotheker wurden evaluiert. Nach der Erstbefragung wurde ein Adhärenz-Training für die Apotheker durchgeführt, um diese zu Adhärenz-Coaches fortzubilden. Im Anschluss daran wurden die Apotheker gebeten, ihre neue Kompetenz bei mindestens fünf chronisch erkrankten Patienten einzusetzen. Zudem sollten sie die für die Patientenberatung und die Kommunikation mit Ärzten benötigte Zeit aufzeichnen.
Insgesamt machten die Apotheker während dieses Pilotprojektes folgende Erfahrungen: Im Schnitt dauerte ein Patientengespräch 37 Minuten, und in einem Fünftel der Fälle war die Einbindung des behandelnden Arztes notwendig. Die häufigsten Gründe für Nicht-Adhärenz, die im Rahmen dieser Untersuchung aufgefallen sind, waren unvollständige Informationen über die verschriebene Medikation und fehlende Motivation zu deren Einnahme. Die Apotheker genossen die Beratungsgespräche, die sowohl von Patienten als auch von Ärzten positiv aufgenommen wurden.
Diese Untersuchung zeigt folgende Hauptergebnisse:
In einem weiteren Projekt soll jetzt untersucht werden, welche klinischen Ergebnisse mit der verbesserten Adhärenz einhergehen und wie die Zusammenarbeit Arzt-Apotheker weiter ausgebaut werden kann unter Einbeziehung der Patientenpräferenzen.
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